Unser Team Medizinrecht
Medizinrecht: von Behandlungsfehler und Arzthaftung bis Abrechnung nach GOÄ
Wir beraten und vertreten Patienten rund um das Rechtsgebiet Medizinrecht durch einen Fachanwalt für Medizinrecht. Zum Fachbereich des Medizinrechts gehören sämtliche Rechtsfragen, die sich einerseits für die Ärztinnen und Ärzte bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit stellen können, und die andererseits die Patienten und Patientinnen bei der Inanspruchnahme ärztlicher oder zahnärztlicher Leistungen betreffen.
Dazu gehören die Rechtsverhältnisse zwischen Ärzteschaft und Patienten untereinander, insbesondere die Arzthaftung bzw. Anspruchstellung bei einem ärztlichen Behandlungsfehler sowie Auseinandersetzungen um privatärztliche Rechnungen nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) oder die Wirksamkeit einer Wahlleistungsvereinbarung bei Chefarztbehandlung im Krankenhaus.
Häufig ergeben sich die letztgenannten Streitigkeiten erst aufgrund von Entscheidungen der privaten Krankenversicherungsunternehmen über die Kostenerstattung für bestimmte Behandlungsmaßnahmen. Auch dieser Bereich gehört zum Medizinrecht. Im weiteren Sinne fallen hierunter auch Auseinandersetzungen um Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung, der privaten Unfallversicherung und der Berufsunfähigkeitsversicherung.
An der Schnittstelle zwischen Medizin- und Sozialrecht liegt das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) mit einigen Nebengesetzen, Verordnungen und Grundsatzentscheidungen des Bundessozialgerichts.
Es bestimmt zum einen, unter welchen Bedingungen welche Leistungen auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen werden können.
Zum anderen regelt es die Rechtsverhältnisse der Leistungserbringer – (Zahn-) Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeuten und -therapeutinnen – gegenüber der kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung (Fragen der Zulassung/ des Kassenarztsitzes, der Ermächtigung zur Leistungserbringung, der Honorarrückforderung, Wirtschaftlichkeitsprüfung usw.).
Das Elfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) enthält die Bestimmungen über die Pflegeversicherung. Am ehesten streitträchtig ist hier die Einstufung pflegebedürftiger Personen in einen der fünf Pflegegrade.
Schließlich sind als weitere Bereiche des Medizinrechts das Apothekenrecht, das ärztliche Berufsrecht (Berufsordnung der Ärztinnen und Ärzte) oder Vertrags- und Gesellschaftsrecht der Heilberufe (einschließlich Gestaltung von Praxisverträgen) zu nennen.
Eine OP steht an! Wie lange darf ich es mir überlegen?
Muss man operiert werden, macht man sich viele Gedanken – ist eine OP doch immer mit Risiken verbunden. Selbstverständlich möchte man über diese ausreichend aufgeklärt werden. Aber wie lange darf man sich überlegen, ob man sich operieren lässt?
Im Gesetz steht dazu nur, dass die Aufklärung über die Behandlung so rechtzeitig erfolgen muss, dass man seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann.
Einen Mindestabstand zwischen der Aufklärung und der Einwilligung gibt es daher nicht.
Die Einwilligung kann daher sofort erteilt werden. Braucht man allerdings Bedenkzeit, sollte man dies dem Arzt gegenüber mitteilen.
Wird man jedoch im Krankenhaus vorstellig und lässt sich aufnehmen, erteilt man damit – stillschweigend – seine Einwilligung in die Operation. So entschied der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil vom 20.12.2022 (Az. VI ZR 375/21). Ob man zu einer Operation vom Behandler gedrängt wurde, spielt in solchen Fällen also keine Rolle. Im zu entscheidenden Fall ist der Patient drei Tage nach der Aufklärung im Krankenhaus erschienen und hat sich dort aufnehmen lassen.
Haben Sie rechtliche Fragen zu Ihrer medizinischen Behandlung? Wir unterstützen Sie gerne und prüfen Ihre Ansprüche. Setzen Sie sich einfach mit uns in Verbindung.
Fehler bei Schönheitsoperation
Wer bezahlt für die Kosten, die entstehen, wenn es zu medizinischen Komplikationen nach einer „Schönheitsoperation“ kommt?
Bekanntlich müssen die gesetzlichen Krankenkassen die Versorgung mit medizinisch notwendiger Heilbehandlung gewährleisten, während die Kosten für nicht indizierte, aus rein ästhetischen Gründen gewünschte Behandlungen nicht übernommen werden.
Wie verhält es sich aber, wenn bei einem rein ästhetisch motivierten Eingriff Komplikationen auftreten, deren Behandlung medizinisch notwendig ist, um weiteren Schaden abzuwenden? – Dies regelt § 52 Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach hat die Krankenkasse die Versicherten an den Kosten einer Heilbehandlung, die als Folge einer medizinisch nicht indizierten Operation, einer Tätowierung oder eines Piercings anfallen, zu beteiligen. „Medizinisch nicht indizierte Operation“ in diesem Sinne ist ein Eingriff, der auf eine von dem Patienten/der Patientin gewünschte Verbesserung des körperlichen Erscheinungsbildes abzielt. Die Kostenbeteiligung für die Behandlung von Komplikationen nach solchen Eingriffen ist zwingend, d.h. die Krankenkasse muss Regress nehmen, aber es besteht hinsichtlich der Höhe ein Ermessensspielraum. Dabei hat die Krankenkasse die finanzielle Leistungsfähigkeit des/der Betroffenen und, wenn vorhanden, auch Unterhaltsverpflichtungen, oder auch eventuelles leichtsinniges Verhalten als Mitverschulden berücksichtigen. Ein Beispiel aus der Praxis (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 27.08.2019 – B 1 KR 37/18 R):Nach einer rein ästhetisch indizierten OP zur Brustvergrößerung, die die Patientin selbst bezahlte, kam es zu einem Leck der Brustimplantate, so dass diese in einer weiteren Operation wieder entfernt werden mussten (neue Implantate wurden dabei nicht wieder eingefügt). Diese OP kostete 4.589,80 €. Die Krankenkasse verlangte von der Patientin hierfür eine hälftige Kostenbeteiligung. Das Bundessozialgericht sah darin keinen Grund zur Beanstandung – die Patientin verfügte allerdings immerhin über ein Monatseinkommen von € 5.000,00 brutto mit einem unterhaltspflichtigem Kind. Dies zeigt dass die Folgekosten für Komplikationen nach einer Schönheitsoperation nicht automatisch in voller Höhe selbst gezahlt werden müssen, auch dann nicht, wenn der/die Betroffene über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügt.Sollten Sie noch Fragen rund um das Thema Medizinrecht haben können sie gerne einen Ihnen angenehmen Termin für ein Beratungsgespäch vereinbaren.
Chefarztbehandlung: darf sein Stellvertreter die OP durchführen?
Wer bei Aufnahme im Krankenhaus eine Wahlleistungsvereinbarung abschließt und „Chefarztbehandlung“ vereinbart, hat Anspruch darauf, dass die Behandlung vom Chef bzw. der Chefin selbst durchgeführt wird. Die Einwilligungserklärung in die Durchführung der Operation beschränkt sich dann auf den Chefarzt/ Chefärztin oder deren Stellvertreter. Dies lässt sich einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken (Urteil vom 11.04.2018 – 1 U 111/17) entnehmen.
Besteht die ärztliche Behandlung in einer Operation, darf sie nur durchgeführt werden, wenn vorher eine Einverständniserklärung des Patienten/ der Patientin vorliegt. Anderenfalls wäre die Operation rechtswidrig und als Körperverletzung zu bewerten. Im Regelfall gilt die Einwilligungserklärung generell und gibt den Patienten kein Recht auf die Wahl eines bestimmten Arztes bzw. Ärztin. Anders ist es, wenn eine Wahlleistungsvereinbarung mit Chefarztbehandlung abgeschlossen wurde. Dann bezieht sich die Einwilligung in die Operation auch darauf, dass sie von dem Chef bzw. der Chefin oder deren Stellvertreter persönlich, d.h. nicht von einem beliebigen Assistenzarzt, durchgeführt wird.Das OLG Saarbrücken hat in der oben genannten Entscheidung auf diesen Umstand hingewiesen. Das Gericht musste die Klage der Patientin, die nicht von ihrem „Wunscharzt“ operiert worden war, zwar abweisen, aber nur deswegen, weil dort eine Wahlleistungsvereinbarung fehlte. In dem Urteil kam der Grundsatz zum Tragen, dass man sich als Patient zwar das Krankenhaus frei auswählen kann, aber mit dem Arzt oder der Ärztin vorlieb nehmen muss, wie es der OP-Plan für den jeweiligen OP-Tag gerade vorsieht. Der Urteilsbegründung lässt sich aber entnehmen, dass der Prozess vor dem OLG Saarbrücken für die Patientin wahrscheinlich günstig ausgegangen wäre, wenn sie eine Wahlleistungsvereinbarung abgeschlossen hätte. Operiert dann entgegen dieser Vereinbarung ein Assistenzarzt bzw. -ärztin, ist das von der Einwilligung des Patienten grundsätzlich nicht abgedeckt, so dass die Operation rechtlich als Körperverletzung zu bewerten ist.Wenn die Operation dann fehlschlägt und einen Schaden verursacht, gerät der Krankenhausträger in die Haftung, auch wenn sich nur ein schicksalhaftes Operationsrisiko verwirklicht hat, ohne dass ein Behandlungsfehler nachgewiesen werden muss. Darin liegt für die Patientenseite eine erhebliche Beweiserleichterung, denn der Beweis eines Behandlungsfehlers kann zuweilen sehr schwierig sein.